Roman »Knopf im Kopf« von Jolanda Poppovic

„Vollständige Erstveröffentlichung einer wahren Familiengeschichte. Nehmen Sie sich im Advent die Zeit diese aufregende Geschichte zu lesen, vielleicht hilft Sie Ihnen Ihr eigenes Leben besser zu verstehen. “
Mario Engel

Legastheniker – heißen so die dummen Kinder reicher Eltern ?

Das erste Mal hörte ich den Ausdruck auf einer Cocktailparty. Hinter mir standen zwei elegante Damen und sprachen über ihre legasthenischen Kinder und die Schwierigkeiten, die sie in der Schule hätten. Ei, dachte ich, wie gut das klingt, heute muss man nicht mehr sagen, mein Sohn ist nicht sehr gescheit, bei meiner Tochter reicht’s nicht fürs Gymnasium! Jetzt gibt’s dafür schicke Fremdwörter, da wirkt alles halb so schlimm.

Wieder zu Hause, las ich im Lexikon nach: Legasthenie: Lese- und Rechtschreibschwäche. Damit vergaß ich es wieder.

Als Yoli, unsere Älteste, in die Schule kam, hörte ich das Wort „Legasthenie“ wieder. Yoli war ein ernstes, etwas in sich gekehrtes und sehr strebsames Kind. Sie war Linkshänderin. Von kleinauf, schon als Baby, wenn man ihr die Klapper in die rechte Hand drückte, wechselte sie sie sofort in die linke, um dann fröhlich damit herumzufuchteln. Wir versuchten, ihr das Löffelchen in die rechte Hand zu geben, und obwohl sie ein Kind von großem Appetit war, wäre sie lieber verhungert als mit der Rechten ihr Breichen zu löffeln.

,,Oh-weh“, sagte die Direktoren bei Yolis Einschulung, ,,eine Linkshänderin, sie wird doch nicht legasthenisch sein!“ Wo war da ein Zusammenhang? Waren Linkshänder dumm? Ich war verwirrt. Aber nichts geschah. Yoli schrieb links, lernte von Anfang an mit Feuereifer und sehr großem Erfolg. Einmal allerdings, nach ein paar Wochen Schule, kam sie verstört und blass nach Hause. Am nächsten Tag war ihr übel, sie wollte nicht in die Schule gehen. Das wiederholte sich mehrmals. Als ich bei ihrer Lehrerin nachfragte, meinte diese etwas verlegen, sie hätte versucht, Yoli zu zwingen, rechts zu schreiben, da es Rechtshänder im Leben so viel leichter hätten.

Ich war ehrlich empört, denn es ist doch seit Jahrzehnten bekannt, dass Kinder mit Linksanlage schwere Schäden bekommen können, wenn man sie zwingt, rechts zu schreiben und zu arbeiten. Aber hatte die Lehrerin nicht eigentlich Recht? Wir werden regiert von einer Mafia von Rechtshändern, die sich eine Welt nach ihrem Bilde geschaffen hat. Wenn man einmal versucht, eine Kurbel, eine Brotschneidemaschine, ein Telefon oder auch nur eine Schere mit der linken Hand zu bedienen, wird man verstehen, was ich meine. Mein Mann Ulrich meint, ich kämpfe so streitbar für die Linkshänder, dass ich gerade dabei sei, eine Teetasse mit Henkel links zu erfinden. Das ist jedoch einer seiner üblen Scherze, auf die ich hier nicht näher eingehen will.

Hatte die Lehrerin nicht Recht, wenn sie versuchte, bei Kindern, deren Linksdominanz nicht gar so stark ausgeprägt war, diese auf rechts umzuschulen? Nun, wir kamen überein, dass dies bei Yoli leider nicht möglich sei und von da an gab’s keine Schwierigkeiten mehr. Yoli durchlief ihre Schulzeit wie ein strahlender Komet und war immer Klassenbeste. Das freute uns natürlich sehr. Da wir uns aber selbst für intelligente Leute hielten, fanden wir es eigentlich selbstverständlich, dass unsere Kinder in der Schule keine Probleme hatten.

Tina, unsere nächste Tochter, das mittlere von drei Kindern, war ein fröhliches, ausgeglichenes Kind. Sie war keine Führernatur, aber sie war unter den Kindern unserer Reihenhaussiedlung in Nußdorf am Stadtrand Wiens immer ein gern gesehenes Mitglied der ,,Bande“. Sie ging mit Hingabe in den Kindergarten am Heiligenstädter Pfarrplatz im alten Pfarrhof, direkt neben dem berühmten Beethovenhaus, in dem jetzt ein bekanntes Heurigenlokal seine Gäste anlockt. Abends herrscht dort ein reges Treiben, man hört lautes Lachen und Fetzen von Wienermusik und das Knallen von Autotüren. Tagsüber aber sieht es dort noch aus wie in der Biedermeierzeit, die Altwiener Häuser hocken verschlafen um den stillen Platz und sehen aus wie stehengelassene Kulissen aus einem Beethovenfilm. Der barocke Heilige in der Mitte döst im Schatten der Nussbäume und holt seine gestörte Nachtruhe nach.

Nur ganz selten verirrt sich auch tagsüber ein Autobus mit besonders bildungshungrigen japanischen Touristen hierher, die dann voll Ehrfurcht die Szenerie mit unzähligen Film- und Fotoapparaten verewigen und auf so manchem Bild, das in Tokio oder Nagasaki gezeigt wird, stehen unsere blonden Kinder im Vordergrund und winken dem unbekannten Beschauer begeistert zu.

Der Kindergarten in dieser heilen Welt wurde mit sanfter Hand von einer Nonne regiert, von den Kindern liebevoll ,,Tante Schwester“ genannt. Hier wurde gespielt, gebastelt, gesungen und erzählt. Das Schönste aber war der alte halbverwilderte Pfarrgarten mit den Spiel- und Klettergeräten.

An warmen Tagen saß dann Tante Schwester freundlich lächelnd in einer Ecke und sah zu, wie sich die wilde Kinderschar in atemberaubender Höhe kletternd und turnend vergnügte. Ich bin ganz sicher, sie hatte eine Einheit von spezialausgebildeten Schutzengeln an der Hand, die dafür sorgte, dass alle Kleinen zu Mittag heil und wohlbehalten ihren Eltern übergeben wurden.

Im letzten Jahr des Kindergartens wurde auf Übungsblättern zur Vorbereitung für die Schule gearbeitet. Da waren zum Beispiel auf einer Seite in Kästchen lauter Blumen abgebildet, in einem Feld aber ein Schuh. Die Kinder mussten nun anzeichnen, welches Ding nicht dazupasste. Oder es waren Kleidungsstücke dargestellt, dazwischen aber ein Stuhl oder ein Tisch. Es schien geradezu lächerlich selbstverständlich, dass Tina hier nie einen Fehler machte.

Es gab aber auch Übungsblätter, auf denen sich nur kleine Dreiecke oder Quadrate befanden, bei denen manchmal die linke und manchmal die rechte Seite fehlte. Diese mussten nun in verschiedenen Farben, die rechten rot, die linken blau, angemalt werden. Da kam es doch recht häufig vor, dass Tina sich irrte. Ich fand aber, dass ich auch für derlei nicht viel Geduld gehabt hätte, und maß dem Ganzen nicht viel Bedeutung bei. Und so übersahen wir die Zeichen.


Die Bargpang

Der nächste Herbst kam und nun begann auch für Tina der Ernst des Lebens. Im Rechnen war Tina von Anfang eine der Besten und das blieb bis heute so. Schon im Vorschulalter hatte sie uns durch ihre Fähigkeit analytisch zu denken, erstaunt. Mit sieben oder acht Jahren, als wir ihrer Schwester Yoli, die bereits auf dem Gymnasium war, die Aufgabe stellten, 1/16 und 2/32 zusammenzuziehen, meinte Tina mit piepsiger Stimme: ,,Das ist ein Stück von einer Torte, die in acht Teile geschnitten ist.“

Lesen ging etwas stockend. Da sie aber sehr wissbegierig war und viel las, hatte sie bald die nötige Übung darin.

Als dann die ersten Ansagen im Schreiben begannen, machte sie wohl mehr Fehler als Yoli das getan hatte. Mal waren es sechs, mal acht oder neun, aber hatten nicht fast alle Kinder mit der Rechtschreibung zu kämpfen? Als uns die Lehrerin auf einem Merkblatt mitteilte, dass diese wöchentlichen Ansagen zwar nicht zensuriert würden, dass aber nur null Fehler einem „Sehr gut“ entsprächen, ein bis zwei Fehler einem „Gut“ und so weiter, ab sieben Fehler aber es ein „Nicht genügend“ gäbe, da erschraken wir zutiefst.

Tina entsprach ganz offensichtlich nicht dem Klassenziel. Nun begann ich auch gewisse Regelmäßigkeiten in ihren Fehlern zu beobachten, immer wieder schrieb sie b statt d, dei statt die, wenn es ganz schlimm war, bei statt die. Sie konnte d nicht von t unterscheiden, b nicht von p, verwendete g statt k und verwechselte v mit f. Sie schrieb vür und for, ein Fehler, der sich übrigens als der hartnäckigste erwies und der ihr heute noch zu schaffen macht. Sie hatte Schwierigkeiten mit Verdopplungen wie kommen und Zimmer, mit Dehnungen wie sehen und Gefahr.

Erschreckt lief ich zur Lehrerin, die mir mit freundlicher Leichenbittermiene mitteilte, daß auch sie bereits gemerkt hätte, dass Tina eine handfeste Legasthenie habe und ich nur ja fleißig mit ihr üben solle, sonst sei ihr Aufstieg in die nächste Klasse gefährdet. Da war es nun, das Schreckenswort Legasthenie. Tina, meine kleine sanfte Prinzessin, wie sollte ich dir erklären, dass du einen ,,Klumpfuß“ hättest und dass du viel mehr üben müsstest als alle anderen Kinder, um tanzen zu lernen. Wie einem sechsjährigen Kind das beibringen! Wie tat mir das Herz weh, wenn wir noch immer über ihren Heften saßen, während die Mitglieder der ,,Bande“, die längst mit ihren Schulaufgaben fertig waren, alle zehn Minuten an der Tür klingelten und fragten, wann denn Tina endlich spielen käme?

Da saßen wir nun und arbeiteten verzweifelt. Jede Schulübung und Hausübung musste sie mehrmals schreiben, aber immer wieder baute sie neue Varianten von Fehlern ein. Kommmen- ! unsicher sah sie mich an -mit stummem h? fragte sie. Sie hörte es einfach nicht. Tina schau mir genau auf die Lippen: PPParKKKbbanKK! Sie nahm den Bleistift und schieb Bargpang! Längere Worte, wie Kinderzimmer, Bäckermeister oder gar Rauchfangkehrer waren völlig unüberwindliche Hindernisse für sie.

Wir schrieben, schrieben und schrieben – es wurde nicht besser. Irgendwann stieg dann eine ohnmächtige Wut in mir hoch, womit hatte gerade ich es verdient, ein so dummes Kind zu haben, das nicht imstande war, sich zu konzentrieren oder es ganz offensichtlich nicht wollte, und zornig rutschte mir die Hand aus und ich gab Tina eins hinter die Ohren. Sie begann dann bitterlich zu weinen und nun war alles verloren, die Buchstaben vollführten einen wahren Teufelstanz. Erschöpft und niedergeschlagen gaben wir unseren Kampf auf. Ich war zutiefst beschämt, weil ich Tina geschlagen hatte. So ging es Tag um Tag. Stunden vorher hatte ich schon feuchte Hände vor Nervosität und auch Tina wurde immer mutloser. Jeden Freitag gab es Ansage, am Samstag wurden sie verbessert zurückgegeben, so war jedes Wochenende verdorben. Ulrich beschwor mich, meine Enttäuschung nicht zu zeigen, um es Tina leichter zu machen. Aber nur wir beide wussten, wie viel vergebliche Arbeit wir geleistet hatten, wie sollten wir da nicht traurig und niedergeschlagen sein?

Nun begann Tina alles, was mit der Schule zusammenhing, zu vergessen. An einem Tag vergaß sie ihr Schulheft zu Hause, am anderen ihr Hausheft in der Schule, das nächste Mal das Turnzeug, die Malsachen, das Lesebuch. Es schien, als würde sie alles verdrängen, was mit der Schule zusammenhing. Jetzt gab es Strafen. Seitenweise und seitenweise musste sie Strafen schreiben. Dann vergaß sie die Strafen und es gab noch mehr davon. Sie wurde immer konfuser und zerstreuter. Eines Nachts wachte sie tränenüberströmt auf und jammerte: ,,Ich hab vergessen, was ich vergessen hab!“. Damals find ich an, die Strafaufgaben für meine Kinder zu schreiben. War doch die Arbeitszeit zu kostbar, um sie mit sinnlosem Abschreiben zu vergeuden. Heute habe ich bereits eine wahre Perfektion darin und kann die Schrift aller meiner Kinder genauestens nachmachen.

Wer hat mien Fschngskrpfn gsn ?
Der rotgrüne Kasperl greift ein

Jetzt kam auch die böse Hexe Ene-Bene-Mene immer häufiger. Sie ist eine hinterhältige Person aus dem Sprachbastelbuch, die alle E stiehlt, um sich daraus ein E-Werk zu bauen. Das hat verheerende Folgen. Braut und Bräutigam wollen heiraten: aber – rich und -mma könn k-in- -h- schli-ß-n, da wint und hult di Braut. Später, als sie bedrängt wird, stiehlt die Hexe auch noch alle A und die Zustände werden chaotisch. Und chaotisch waren Tinas Arbeiten. Es kamen Worte darin vor, die fast nicht mehr verständlich waren. ,,Wer hat mien Fschngskrpfn gsn – Wer hat meinen Faschingskrapfen gegessen ? hieß die Überschrift zu einer Ansage. Mühelos kann man nachzählen, dass die Fehler darin schon für ein „Ungenügend“ reichten, gar nicht zu reden vom Text der folgte.

Es musste einfach etwas geschehen. Wild entschlossen ging ich zur Direktorin der Schule und beantragte freiwillig jenen Test der Schulpsychologin, der mit den Kindern gemacht wird, die in eine Sonderschule überstellt werden sollen.

Wir mussten einige Wochen warten, dann rief mich die Psychologin in die Schule. Wie klopfte mein Herz, als ich zu ihr ins Zimmer trat. Strahlend kam sie mir entgegen und schüttelte mir die Hand. Sie gratulierte mir zu meinem außergewöhnlich intelligenten Kind, Es bestünde kein Zweifel, dass Tina das Gymnasium mit ausgezeichnetem Erfolg schaffen würde. Ich musste mich zuerst niedersetzen. ,,Und die Legasthenie?“ stammelte ich. ,,Ach“, meinte sie mit einer Handbewegung ,,die wird Tina schon bewältigen“.

So hörte ich zum ersten Mal, dass es schon ausgearbeitete Methoden gäbe, die Legasthenie zu behandeln, dass es Lehrbücher und Arbeitshefte gäbe, die Schwächen der Rechtschreibung systematisch zu bekämpfen. Sie erzählte mir, dass es Kurse gäbe, in denen die Kinder in kleinen Gruppen unterrichtet würden. Da Tina schon leichte neurotische Schäden hätte, empfahl sie mir eine junge Lehrerin, die damals noch nebenbei Psychologie studierte und sich auf legasthenische Kinder spezialisiert hatte.

Als ich Tina erzählte, dass sie nun zweimal in der Woche Deutschnachhilfe bekommen würde, war sie wenig begeistert. Dann kam Fräulein Oppitz das erste Mal zu uns. Klein und zierlich, mit strahlenden blauen Augen und langen blonden Haaren wie ein Rauschgoldengel. Das war eine Nachhilfelehrerin? Unterm Arm trug sie den rot-grünen Kasperl, eine lustige Stoffpuppe, die bald der beste Freund meiner Kinder werden sollte.

Jetzt wurde Schritt für Schritt begonnen. Einmal wurde das Heft in einem dicken roten Strich in zwei Teile geteilt. Auf die eine Seite musste Tina alle Worte mit d auf die andere alle Worte mit t schreiben, das gleiche mit b und p, g und k. Langsam, langsam begann sie den Unterschied zu hören. Dann kam der rotgrüne Kasperl und schrieb eine paar Worte unrichtig oder auf die falsche Seite und es war für Tina immer ein großer Spaß die Fehler zu finden. Ein anderes Mal warf er die Buchstaben durcheinander, Tina musste sie ordnen. Oder er hatte Buchstaben aus den Worten gestohlen, da stand dann: R . . . . f . . gk . h . . r. Nach und nach setzte Fräulein Oppitz sie dann wieder ein. Je früher Tina das Wort erriet, umso größer war die süße Belohnung, die Frl. Oppitz aus ihrer unergründlichen Umhängetasche zog. Auf einmal war das Wort Rauchfangkehrer kein unüberwindliches Hindernis mehr. Es gab Texte, in denen viele E und I fehlten und Tina musste durch aufmerksames Durchlesen die fehlenden Buchstaben finden. Wochenlang wurde nur Groß- und Kleinschreibung geübt. Dann kamen die Verdopplungen, dann die Dehnungen, dann F und V. (Von den verflixten für und vor allein haben wir eine ganzes Heft voll geschrieben). Immer und immer wieder wurde alles nochmals und nochmals wiederholt. Nie verlor Frl. Oppitz die Geduld, nie wurde sie zornig. Manchmal, wenn es gar nicht klappen wollte, hörte ich sie aus dem Nebenzimmer etwas öfter als sonst mit dem Ende ihres Bleistiftes auf den Tisch klopfen. Ich habe sie schon recht nachdenklich gesehen, aber in all den Jahren, in denen sie mit meinen Kindern gearbeitet hat, verlor sie nie den Mut weiterzukämpfen.

Dieser Wille übertrug sich auf Tina, jetzt wollte sie es schaffen. Langsam, ganz langsam kamen die ersten Erfolge. Die Arbeiten wurden besser, immer wieder gab es Rückschläge, waren schlechte Ansagen dabei, aber wie über eine lange und steile Treppe begann Tina aufwärts zu klettern und als das Schuljahr zu Ende ging, sprach niemand mehr davon, dass Tina nicht versetzt werden sollte. Ja, in ihrem Zeugnis stand ,,Unterrichtssprache – befriedigend“ eine Zensur, von der wie nie zu träumen gewagt hätten.

Notzeiten

Der Sommer, der nun folgte, war warm und wundervoll. Adi, unser Jüngster, sollte erst im Herbst in die Schule kommen und hatte noch keine Probleme. Tina war fröhlich und entspannt. Schon lange hatte sie den Wunsch gehabt, den Attersee zu überschwimmen, und da die warme Witterung es zuließ und das Wasser genügend erwärmte, wagte sie die Überquerung neben ihrem Vater im Beiboot schwimmend und es gelang ihr beim ersten Versuch. Da der See an dieser Stelle fast drei Kilometer breit ist, wurde sie von ihren Freunden zu Recht sehr bewundert.

Wir machten einen Ausflug nach Salzburg mit Besuch der Festung. Diese erreicht man mittels einer steilen Zahnradbahn, was den Kindern große Freude bereitete. Wir besichtigten die Burg mit einer Führung, ein alter Burgkustos erzählte Spannendes und Skurriles aus der Geschichte und meine Beiden lauschten mit roten Ohren.

Den größten Spaß aber hatten wir als wir zur „Bauernkriege-Ausstellung“ in die Burg Schamstein fuhren. Schon im Auto erzählte ich den Kindern, dass im 30-jährigen Krieg der österreichische Kaiser das Land an Bayern abgegeben hatte. Die Bauern dieses Landes, die protestantisch waren, wehrten sich verzweifelt und aussichtslos mit selbstgemachten Waffen gegen den bayerischen Statthalter Graf Herberstorff, der das Land rekatholisieren wollte. In der Ausstellung sahen wir dann die „Morgensterne“, auf hölzerne Besenstiele gesteckte Eisenkugerln mit Spitzen rundherum, umgebaute Dreschflegel und Sensen.

Ein Raum der Ausstellung war mit großen beleuchteten Panoramen versehen, in denen markante Szenen aus dem Krieg mit Zinnfiguren dargestellt waren. Man sah das „Frankenburger Würfelspiel“ wo unter einer großen Eiche jeweils zwei Bauern um ihr Leben würfeln mussten; mehrere Verlierer hingen bereits im Geäst, dann eine Landschaft mit einem Bauerngehöft, aus dem auf Knopfdruck rot beleuchtete Papierflammen züngelten. Das größte Schaubild war „Der Einzug des Grafen Herberstorff und seines Gefolges“. Hunderte von Zinnfiguren bevölkerten den Zug. Zuerst die Fahnenträger mit den bayerischen Standarten, dann eine Gruppe Fußvolk, es folgten die Vorreiter, in der Mitte der neue Landesherr mit seinem Gefolge, dann die Nachhut und so weiter. Ganz hinten im Zug fuhr ein Planenwagen, nicht größer als eine halbe Zündholzschachtel. „Was ist das drin?“, wollte Adi wissen. „Da wird Munition mitgeführt“, improvisierte ich sofort.

Mein Sohn sah genauer hin und sagte laut mit seiner hellen Stimme: „Da ist aber eine Dame mit nacktem Busen drin!“ Und wirklich, durch eine Öffnung, nicht größer als ein Daumennagel, sah man im Dunkel des Wageninnern eine klitzekleine, leichtgeschürzte Marketenderin, deren Taille ein ebenso winziger Kavalier umfangen hielt. Das hatte bis jetzt nicht einmal der Museumsaufseher bemerkt. Flüsternd erzählte er es seinem Kollegen, der rasch herbeikam und bald drückten sich alle Besucher im Raum kichernd die Nase an der Scheibe vor dem Schaubild platt und amüsierten sich über den kleinen frivolen Scherz.

Aber auch der schönste Sommer geht zu Ende. Der Herbst kam und unser kleiner Adi wurde eingeschult. Eigentlich heißt er Alexander, aber da er als Kleinkind die Abkürzung Ad immer als Adi aussprach, blieb ihm dieser Name. Zum Unterschied von Tinas ruhigem Wesen war er ein schrecklicher Wildfang. Schon als ich ihn erwartete, ließ er mich nachts nicht schlafen, wenn er sein vehementes Turnprogramm absolvierte. Groß und lang und etwas zu dünn geraten, raste er durch die Gegend. Wenn er lief, und das tat er eigentlich immer, lief er so lange bis er hinfiel, es war nur die Frage, ob dies schon nach drei Schritten oder erst nach mehreren geschah. Ich war Stammkunde in der örtlichen Unfallambulanz. Mit zwei Jahren krachte er durch eine Glastüre, dabei versetzte er sich Schmisse im Gesicht, die ihn zum Ehrenmitglied jeder schlagenden Studentenverbindung machen könnten. Später riss er sich bei einem Sturz vom Badesteg am Attersee eine ordentliche Ecke Fleisch aus dem Oberschenkel. Von aufgeschlagenen Knien und Ellbögen wollen wir gar nicht sprechen.

Den schwersten Unfall hatte er, als er in wilder Fahrt mit seinem Kinderfahrrad auf der abschüssigen Spielstraße vor unserem Haus stürzte und bewusstlos liegen blieb. In rasender Fahrt brachte ich ihn ins Krankenhaus. Dort kam er dann langsam zu sich. Er hatte eine schwere Gehirnerschütterung und musste wochenlang liegen und durfte nicht einmal den Kopf heben.

Durch Vermittlung unserer Kinderärztin konnten wir ihn nach Hause nehmen, wo er liebevoll von Ernestine, unseres Hauses gutem Geist, gepflegt wurde. Sie saß an seinem Bett und las ihm vor, sie schnitt ihm sein Essen in kleine Happen, Reiterchen genannt, die sie einzeln mit Zahnstochern versah, damit er alleine essen konnte und sich so weniger hilflos vorkam.

Die Krisenzeit ging gut vorüber. Ein EEG zeigte, dass er keine bleibenden Schäden hatte, aber Monate danach war er noch sehr schonungsbedürftig und konnte nicht in seinen heiß geliebten Kindergarten gehen. So aber versäumten wir bei ihm die Vorschulblätter und zogen ungewarnt in das Abenteuer Schule.

Adi wurde also im Herbst eingeschult. Wirklich großes Interesse hatte er eigentlich nur an der großen Schultüte, die er am ersten Tag bekam und deren Inhalt er genussvoll verspeiste. Sonst zeigte er sich eher indifferent. Er machte seine Hausaufgaben und war nicht weiter engagiert.

Einige Wochen nach Schulanfang fiel mir auf dass in dem Schälchen auf meinem Arbeitstisch, in dem ich abgerissene Knöpfe, irgendwo herausgefallene Schräubchen, verbogene Büroklammern und herumliegendes Kleingeld sammelte, sich die Münzen merkwürdig reduzierten. Dann wenig später fehlte aus meiner Geldbörse ein Zwanzigschillingschein, von dem ich genau wusste, dass er darin gewesen war. Wo kam das Geld hin? Ein paar Tage darauf lag Ernestines Geldbörse merkwürdig halboffen neben ihrer Handtasche. Jetzt schlug eine innere Glocke bei mir Alarm. Stahl hier jemand im Haus? Wer war der Dieb?

Eines Abends fand ich in Adis Bluejeans einen Zwanzigschillingschein. Als ich ihn erschreckt fragte, wo der her sei, erklärte er uns, er hätte ihn von der Lehrerin für eine besonders gute Leistung bekommen. Da das ja nun nicht möglich war, nahm ich ihn gehörig in die Zange und nachdem er zuerst behauptete, ein Freund hätte ihn ihm geschenkt, gab er zu, den Schein seinem Banknachbarn aus dem Fach gestohlen zu haben. Der Schock war fürchterlich. Da nützt es gar nichts zu wissen dass Kinder nicht aus krimineller Neigung stehlen, sondern zumeist aus seelischer Bedrängnis. Einen Dieb, der Eltern, Freunde und Kollegen bestiehlt zum Sohn zu haben, ist schrecklich. In einer traumatischen Vision sah ich mich in einem Gefängniszimmer (wie wir es ja alle aus vielen Fernsehkrimis kennen) meinem Sohn gegenübersitzend, der mir seine langen und dünnen Arme durch ein Gitter entgegenstreckt.

Sehr, sehr ernst sprach Ulrich mit seinem Sohn, versuchte ihm die Schändlichkeit seines Handelns zu erklären. Wir entwickelten einen Plan, wie Adi am nächsten Tag früher in die Schule gehen sollte und das Geld unbemerkt zurücklegen sollte.

Wenn aber Kinder aus psychischen Nöten stehlen, wo war Adis Problem und was tat er mit all dem Geld, wo er doch von uns seine Wünsche erfüllt bekam? Spät gekommener Wunschsohn war er der fröhliche Liebling der ganzen Familie, von seinem Vater heiß geliebt, von seinen größeren Schwestern verwöhnt – wo war seine Not?

Wenige Tage später wussten wir es. In seinem Mitteilungsheft stand von der Lehrerin geschrieben:
Adi muss in die Förderstunde kommen. Er kann überhaupt nicht lesen! Jetzt war es heraus. Die Förderstunde ist eine an sich gut gemeinte Einrichtung, wo alle Kinder einer Klasse, die irgendwo Schwierigkeiten haben, nach der Schulzeit noch eine Stunde länger arbeiten müssen, um ihre Mängel zu bewältigen. Da saßen sie nun, die Unintelligenten, die noch zu Kindlichen, die Entwicklungsgestörten und die Legastheniker beisammen und sollten den Stein der Weisen finden.

Sofort sprach ich mit Frl. Oppitz. Sie holte Adi zu sich und tatsächlich, er konnte einfach nicht lesen. Er war nicht imstande aus M,A,M,A ein Wort zu bilden. Immer wieder fing er an M . . A . . M hilflos blickte er um sich – es ging nicht. Wieso hatte ich es noch nicht bemerkt? Als Hausaufgabe hatte er immer nur den Schulstoff zu wiederholen und sagte, was aus dem reich bebilderten Lesebuch ja nicht schwer war, einfach alles auswendig herunter.

Nun musste sofort etwas geschehen. Ich nahm ihn aus der Förderstunde heraus und versprach seiner Lehrerin, privat mit ihm zu lernen. Nun griff der rot-grüne Kasperl ein. Er zeigte Adi, wie man es machen müsste. Bald tönten durch unser Haus lange Klagelaute Maaa-mmmmmaaaa. Mmmmmuuutttiiii. Mmmmmiiiimmmmiiii.

Frl. Oppitz ließ die Buchstaben „nachlaufen“ spielen. Zuerst klingt das M alleine, solange bis es das A gefangen hat, dann klingen, beide Mmmaa zusammen bis das A den nächsten Buchstaben gefangen hatte. Kein Buchstabe durfte allein tönen, alle mussten sich an der Hand nehmen.

Es dauerte keine drei Wochen und wir hatten es geschafft. Adi KONNTE lesen, da gab es keinen Zweifel. Seither, bis zum heutigen Tag hat er im Lesen gute Noten. Nach wie vor hat er sich eine etwas großzügige Improvisation behalten und es kann vorkommen, dass er ganz ernsthaft mit dem Finger die Worte verfolgend, den Text „Das Krokodil vom Nil, das frisst sehr viel“ mit „Das Krokodil vom Fluss hat großen Hunger“ interpretiert. Aber so kleinlich wollen wir doch gar nicht sein.

Kurz darauf fanden wir auch sein Munitionslager. Zwischen Wand und Rücken seines Spielzeugschrankes hatte er sich ein enormes Arsenal von Schokoladen, Zuckerln, Lutschern und anderen Süßigkeiten angelegt. Für Notzeiten, wie er uns erklärte. Da war er nun in seinem Winkel gesessen, der kleine Wicht, und hatte im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kummer, seine Schulangst und seine Enttäuschung in sich hineingefressen. Wenn für Eltern, für die betroffenen Kinder und für die Lehrer die Legasthenie eine Geißel ist, wenigstens die Zahnärzte sollten sich darüber freuen.

Erfolgserlebnisse

Lesen konnte Adi jetzt. Aber wie stand es sonst um die Erfolge in der Schule? Natürlich stellte sich sehr bald auch beim Schreiben seine Legasthenie heraus. Die Hexe Ene-Bene-Mene trieb auch mit ihm ihre bösen Scherze, die wir nur zu gut schon von Tina kannten. Und die Schrift! Die Schrift! Wenn ich nicht wirklich neben ihm gesessen hätte, auch ich hätte geglaubt, er wäre nur flüchtig, schnell und schlampig und hätte geschmiert. Doch, mit vor Anstrengung blassem Gesicht und schweißnassen Händchen hielt er die Feder und malte seine Buchstaben ins Heft, eckig und zackig, mal nach rechts und mal nach links hängend, mal weit über der Zeile fliegend, dann wie ein dicker Bauch unter der Zeile hängend. Wie oft kam die Arbeit durchgestrichen zurück. SCHLAMPIG! stand darunter. DU BEMÜHST DICH NICHT! Noch mal schreiben! Er war Linkshänder wie Yoli auch. Aber diese hatte nie Schwierigkeiten mit dem Schreiben gehabt und ein anderer in Adis Klasse schrieb links schön wie ein Stadtschreiber. Erst viel später, als ich mich noch mehr über Legasthenie informierte, erfuhr ich, dass diese oft eine motorische Störung mit sich bringt, der Weg vom Gehirn zur Hand ist schadhaft, daher haben die Kinder so große Schwierigkeiten mit dem Schönschreiben, so entsteht die von Fachleuten sofort erkannte typische Legasthenikerschrift, und was da so unordentlich und flüchtig aussieht, ist in Wirklichkeit das Resultat harter Arbeit und großem Konzentrationswillen.

Doch schon damals erkannte ich, dass hier kein Anlass für Strafen gegeben war und half Adi bei den Wiederholungen so gut ich konnte. Ich schrieb ihm zum Beispiel eine Zeile vor, er musste die nächste schreiben und sich bemühen, damit die Lehrerin nichts merkte. Oder wir machten das Spiel Wort um Wort. Ein Wort er, eines ich. So versuchte ich ihm spielerisch seine vielen Extraarbeiten zu erleichtern. Sehr bald fand ich heraus, dass eine der segensreichsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts der Löschstift war, von den Kindern „Tintentod“ genannt, mit dem ich eine geradezu virtuose Fertigkeit erreichte.

Aber es war nicht nur das Lesen, das Schreiben, die Schrift allein, es waren auch das Rechnen und alle anderen Fächer, in denen Adi Schwierigkeiten hatte. Er traute sich nicht zu, das Einmaleins zu lernen, er jammerte und weinte, weil er immer wieder alles vergaß – es war einfach nicht zu übersehen, dieses von uns so innig geliebte Kind, war offensichtlich ein dummes. Seine Lehrerin, die ihn gerne mochte, sie liebte ihn wie eine Mutter ihr schwachsinniges Kind, hatte Zweifel ob er überhaupt die Volksschule ohne Wiederholungen schaffen würde.

Ulrich, meinen Mann, traf diese Erkenntnis besonders hart. Gerade mit Söhnen, und hier war es der einzige, identifizieren sich Väter am meisten. Es war ein schwerer Schlag für ihn, dass an eine akademische Laufbahn gar nicht zu denken war. Wir überlegten sehr ernsthaft, wie wir dafür sorgen sollten, Adis Zukunft zu sichern.

Wir dachten daran, später unsere Ersparnisse zusammenzulegen und ihm eine Tankstelle zu kaufen. Ich tröstete mich damit, dass er sicher mit einem flotten Käppi auf seinem blonden Lockenkopf sehr hübsch aussehen würde. Die Idee scheiterte daran, dass Adi sie gar nicht reizvoll fand und er nicht den ganzen Tag an einer Zapfsäule stehen wollte. Später ventilierten wir den Gedanken, ihn in eine renommierte Autowerkstätte als Lehrling zu geben, da er schon von klein auf ein großes technisches Interesse hatte und noch bevor er richtig sprechen konnte, alle einschlägigen Automarken unterscheiden konnte. Aber für diesen Vorschlag war er nur zu haben, wenn er sofort dorthin könne und gar nicht mehr zur Schule zu gehen brauchte. Im übrigen sollten wir ihn in Ruhe lassen, denn er wolle, wie sein Vater ein ,,Bestimmer“ werden, ein Ausdruck den meine Kinder für einen Herrn in leitender Position gefunden hatten. Zu enttäuscht waren sie gewesen, als sie hörten ihr Vater sei Direktor geworden, dass es sich aber um einen Fabrikdirektor und nicht um einen Zirkusdirektor handelte.

Irgendwo habe ich einmal gehört, dass dumme Legastheniker viel weniger darunter leiden, da sie besser in ihr ganzes Persönlichkeitsbild passt. Es war ein schwacher Trost für mich statt eines neurotischen Intelligenzlers einen fröhlichen Dummkopf als Sohn zu haben. Muss ich beschreiben, wie Adis Zeugnis aussah? Wir warfen es in eine Mappe und packten unsere Koffer, um in unsere Ferienwohnung an den Attersee zu übersiedeln und möglichst lange nichts mehr von der Schule zu hören.

Da wir wollten, dass Adi wenigstens privat zu Erfolgserlebnissen kommen sollte, hatten wir ihm zum Geburtstag einen alten Optimisten geschenkt. Es handelt sich in diesem Fall nicht um einen fröhlichen älteren Herren, sondern um ein gebrauchtes Kindersegelboot, nicht größer als ein Waschtrog mit einem lustigen Taschentuch als Segel. Ein Boot, das aber sehr gute Segeleigenschaften hat und international als Kinderregattaboot gesegelt wird.

Unser lokaler Sportverein organisierte auch einen ,,Optimistenkurs“ und für diesen hatten wir Adi angemeldet. Nur sehr zögernd ging er hin und wir versprachen ihm, wenn es ihm am ersten Tag nicht gefalle, so dürfe er zu Hause bleiben. Als er am zweiten Tag bereits um 9 Uhr morgens in voller Segelausrüstung – Jeans, Pullover, Ölzeughose und -jacke, Gummistiefel und Schwimmweste – wartend vor der Wohnungstür stand, der Kurs begann erst um 10 Uhr, es war ein heißer Tag und sicher würde nur in der Badehose gesegelt werden, da wussten wir, dass wir gewonnen hatten.

Der Kurs wurde von Manfred, einem jungen Lehrer, und Thomas, einem Sportstudenten, geleitet, die den Kindern mit viel Spaß das Segeln beibrachten. Ihnen zur Seite stand die reizende Kathi, sich selbst als die „Klotante“ bezeichnend, die für das leibliche Wohl der Kinder sorgte, dass nasse Kleider gewechselt wurden, dass die Schwimmwesten ordnungsgemäß geschlossen waren und alle Träger wieder an die Stellen geknöpft wurden, die dafür vorgesehen waren.

Am letzten Tag des Kurses gab es eine Abschlussregatta. Zu unserer Schande muss ich gestehen, dass uns Manfred mehrmals darauf aufmerksam gemacht hatte, dass das Segel des ,,Fliegenden Hosenknopfes“, so hatte Adi sein Boot getauft, in einem sehr schlechten Zustand wäre, ,,ausgeblasen“, wie es in der Seglersprache heißt. Wir waren aber der Meinung, für den Anfang würde es schon reichen und so kam was kommen musste, Adi ging weit abgeschlagen als Letzter durch die Ziellinie. Ich stand mit meinem Fernglas am Ufer und konnte es nur verschwommen sehen, weil mir die Tränen in den Augen standen. Adi selbst verzog keine Miene und schien mit seinem Trostpreis – einer riesigen aufgeblasenen Banane – recht zufrieden, oder war er schon so hart im Nehmen geworden?

Das gewünschte Erfolgserlebnis war es jedoch gewiss nicht gewesen. Und dann verhalf uns ein gütiges Schicksal doch noch dazu. Adi ging mit seiner Schwester Yoli und Boy, dem Hund, am Waldrand spazieren als er Brandgeruch bemerkte und sah, dass aus der Motorhaube einer dort abgestellten Planierraupe Flammen schlugen. Schnell liefen die Drei zurück und alarmierten die Feuerwehr.

Der Freiwillige Feuerwehrsverein i.V. Weyregg am Attersee, der zwei Jahre keine Ausfahrt zu verzeichnen hatte und, weil es Samstagnachmittag war, gemeinsam am Stammtisch saß, eilte auch sofort mit einem großen Löschzug herbei und machte Vorkehrungen eine Schlauchleitung an den See anzuschließen.

Bei näherer Betrachtung war der Brand allerdings von einem Mann mit einem Handfeuerlöscher zu löschen. Nun, man soll die Sache jedoch nicht bagatellisieren, der Kabelbrand hatte sich schon ganz nahe an den vollen Treibstofftank durchgefressen, der Bagger stand am Waldrand und es hatte, auch so was gibt’s im Salzkammergut, mehrere Wochen nicht geregnet. Adi war der Held des Tages. Am nächsten Tag aber kam ein Brief der Baufirma:

„Sehr geehrter Herr Poppovic, durch ihren raschen und tatkräftigen Einsatz konnte bei meinem Bagger H 7 ein großer Schaden vermieden werden. Für diese Hilfe danke ich Ihnen hiermit auf das herzlichste und verbleibe hochachtungsvoll“

Dem Brief lagen 100 Schilling bei. Das war eine Menge Geld für einen so kleinen Buben. Adi wurde von all seinen Freunden sehr bewundert. Noch mehr aber wurde der ,,Hirschfänger“ bestaunt, den er sich um das Geld kaufte, ein Messer mit (beinahe) echtem Hirschhorngriff, das er nun auf Jägerart in einer Hülle seitlich an seiner Lederhose trug.

Mein lieber vatter ich wels gewis vieh

Oh nein, dies ist nicht, wie man glauben könnte, wieder eine der Stilblüten meiner Kinder! Das stammt aus einem Brief von Wolfgang Amadeus Mozart an seinen Vater.

Wie ich so nachdachte über die übergroße Wichtigkeit der Rechtschreibung und ob das immer schon so gewesen wäre, fand ich in einer alten Ausgabe der Briefe Mozarts die abenteuerlichsten Rechtschreibfehler: Groß- und Kleinschreibung hielt er ganz nach Belieben. Da fand ich auf einer Seite das Wort Mann einmal Man und das andere Mal mann geschrieben, auch er erzehlte, er gieng des weegs, es war ihm angebohren, er tratt in ein hauß ein,. er schreibt einmal förchten und fürchten, mal vatter, dann wieder Vater. Da ist keine Seite im Buch, die nicht voller Fehler wäre. Ich weiß nicht ob Mozart ein Legastheniker war, aber unsterbliche Werke der Musik im Kindesalter geschrieben, hin oder her, in der Schule meiner Kinder hättest Du nicht ,,reüssiert“ lieber Wolferl.

Nun waren damals Musiker Personen niederen Standes. Aber einmal auf der Fährte, suchte mir Yoli im Staatsarchiv Briefe von Kaiser Franz des Ersten, von dessen freizügiger Rechtschreibung ich schon gehört hatte, an Maria Theresia, seiner Frau: „Durchleuchtigste Großmächtigste Königin, Gnädigste Frau und Hertzgeliebteste Gemahlin“ schrieb er mit seiner schönen verschnörkelten Schrift. In den Briefen fand ich Wörter, wie biß zur Überzaal, waß er unternohmen, fürr und ohnmittelbahrer und vieles andere mehr. Man kann doch nicht leugnen, dass dieser Herr eine gute Bildung genossen hatte und seine leitende Position aufs Beste und zur Zufriedenheit des Volkes ausfüllte.

Sein Sohn Josef der Zweite, wohl aus Aufsässigkeit gegen den Vater, führte in Österreich dann die Rechtschreibregeln ein und damit begann das ganze Dilemma. Ich bin sicher, auch in anderen Ländern kamen Herren auf diese glorreiche Idee und die Einschränkungen verschärften sich immer mehr.

Peter Ustinov schreibt so schön in seinen Memoiren über einen seiner Vorfahren: „weil Orthografie nicht seine starke Seite war, allerdings befindet er sich damit in guter Gesellschaft, ein so großartiger Schriftsteller wie Shakespeare konnte sich auch nie schlüssig werden, wie er seinen Namen schreiben sollte. Der in unseren Schulen unternommene Versuch, eine rigorose Rechtschreibung einzuführen, ist nichts anderes als das Bemühen, eine lebendige Sprache mit Leichenstarre zu infizieren und ein lyrisches Ausdrucksmittel auf die Eiseskälte einer künftigen Welt der Computer vorzubereiten.“

Wie spricht er mir aus der geplagten Seele. Aber was nützt das alles. Tina war im letzten Jahr vorm Gymnasium und ihre Deutschnote reichte nicht für die Qualifikation. Vor einigen Jahren wurde bei uns die Aufnahmeprüfung für die höheren Schulen aufgehoben, danach war jedoch der Andrang so groß und nicht zu bewältigen, dass man sich zu einem heimlichen Numerus Clausus entschloss, der ein „Sehr gut“ oder „Gut“ in den Fächern Deutsch und Mathematik verlangte. Erreichte man dies nicht, konnte man in dem zweifelhaften Fach eine freiwillige Eignungsprüfung verlangen, die aber bei einem legasthenischen Kind mit der verbundenen Aufregung einem Todesurteil gleichkam.

Tina schrieb reizende Aufsätze. Diese waren voll Phantasie, aber immer stand unter ihren Arbeiten: Sehr nett erzählt, aber so viele Fehler! Immer wieder wurde Tina gesagt, sie sei nun schon groß genug, fragwürdige Wörter zu überprüfen. Aber für einen Legastheniker ist jedes Wort fragwürdig. Die Speicherschwäche für Wortbilder scheint mir das allergrößte Problem zu sein. Wir schreiben ein Wort aus der Erinnerung und konstruieren es nicht jedes Mal. Für einen Legastheniker ist aber jedes Wort von neuem eine Hürde. Ein einfacher Satz wie: ,,Der heiße Sommer war vorüber, bald musste sie in die Stadt zurück“, ist voller Fallen.

Der Satzanfang: Großschreiben. heiße: heise? heisse? Heiße! – groß, weil mit Artikel! Sommer: Somer? Sohmer? Sommer! – ach Artikel gehört hierher

– Heiße ausbessern ! vorüber: forüber ? vorüber! bald: balt ? Nein kommt von baldiges, daher bald. Mußte: muste ? nein? von müssen. Stadt: Statt? Staat? Statd? Zurück: zurüg? Hilfe! kommt von rücken und daher zurück! Gewonnen!!!

Das ist nun ein bisschen übertrieben, aber wer hat schon Zeit bei einer Schularbeit von einer Stunde, die er doch zum Schreiben verwenden muss?

So nahte die Weihnachtszeit und bald darauf würde es Semesterzeugnisse geben, mit denen man zur Anmeldung ins Gymnasium gehen musste. Es nahte die Weihnachtszeit, die Zeit der geheimnisvollen Vorbereitungen und der Zubereitung der köstlichen Weihnachtsbäckerei. Schon, wenn die Kinder aus der Schule kamen, an der Küche vorbeigingen und den feinen, süßen, würzigen Geruch schnupperten, fielen sie in Begeisterung. Da stand Ernestine, die Perle, inmitten von geschnittenen Mandeln, kandierten Kirschen, gehackter Schocklade und geriebenen Nüssen und rührte und rollte, drehte und knetete.

Das Allerschönste aber war für Tina und Adi, wenn sie mithelfen durften. Da werkten sie dann mit vor Aufregung geröteten Gesichtern, die Arme bis zum Ellbogen mit Mehl bestäubt, das Gesicht von einem Ohr zum anderen mit Schokolade beschmiert.

Als an einem dieser Tage Frl. Oppitz kam, war Tina nur mit Gewalt aus der Küche zu bringen, aber es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Am nächsten Tag sollte die letzte Deutscharbeit vor dem Zeugnis sein. Um Tina ein wenig zu trösten, wählte Frl. Oppitz als Thema des Übungsaufsatzes: Ich helfe beim Backen der Weihnachtskekse. Der gütige Zufall wollte es, Tina bekam dasselbe Thema in der Schule. Da sie der Stoff so sehr beschäftigt hatte und sie bereits alle Klippen der Rechtschreibung einmal erfolgreich umschifft hatte, flossen so schwierige Wörter wie Spekulatius, Schockoladenussstangerl und Ischlerkrapferln fehlerfrei aus ihrer Feder.

Das strahlende sehr gut auf diese Arbeit rettete den Notendurchschnitt und die Qualifikation war geschafft. So versüßten uns Ernestines Köstlichkeiten im doppelten Sinne die Weihnachtstage.

Bald danach hatte Tina Geburtstag und durfte aus diesem Anlass ein großes Kinderfest geben. Yoli organisierte Spiele aller Art und die Kinder unterhielten sich glänzend. Man spielte auch das Spiel: „die große Reise“ Ein Kind beginnt: „Ich reise nach Amerika und nehme einen Hut mit“, das nächste: „Ich reise …und nehme einen Hut und eine Jacke mit“, das nächste nimmt einen „Hut, eine Jacke und einen Schirm mit“ und immer so weiter. Es war mir immer schon aufgefallen, dass Tina sonst ein sehr gutes Gedächtnis hatte, aber diesmal war es nicht zu übersehen. Zusammen mit Nachbars Paul, einem Buben, der so schwerer Legastheniker war, dass er bereits eine Klasse wiederholt hatte, und dessen eine Gesichtshälfte manchmal nach einem neuerlichen Misserfolg tagelang nervös zuckte, lizitierte sie sich in Schwindel erregende Höhen. Längst waren alle anderen Kinder auf der Strecke geblieben, als Tina bei bereits 54 Gegenständen ein Bikinioberteil vergaß und Paul als Sieger geehrt wurde.

Nachdenklich sprach ich mit Ursula, Pauls Mutter. Wenn die beiden sich so viele Dinge hintereinander merken konnten, müssten sie doch eigentlich gute Schachspieler werden. Wir brachten Tina das Spiel bei und bald schlug sie alle Familienmitglieder. Wir sind keine Meister, aber selbst Opa, der ein hervorragender Spieler war, lieferte sie verbitterte Schlachten.

Paul ging die Sache gründlich an. Er kaufte sich ein Schachlehrbuch und vertiefte sich ernsthaft darin. Schon im ersten Jahr wurde er Schulmeister seiner Schule, heute spielt er bereits bei großen Jugendturnieren in der Stadthalle und zeigt mir stolz seine Urkunden und Trophäen.

Könnte es sein, dass, wie Blinde ihren Tastsinn immer mehr verfeinern, Legastheniker das Fehlen des Erinnerungsvermögens für das Schriftbild auf anderen Gebieten kompensieren können?

Die Bekränzung des Burgenlandes oder das Wunder des Gymnasiums

Tina wurde also ins Gymnasium aufgenommen. Aufgeregt und viel zu früh zog sie am ersten Tag an der Seite ihrer Freundinnen los. Die Schule war mit der Straßenbahn zu erreichen, noch dazu mit Umsteigen, was an sich schon ein Abenteuer darstellte. Wieder zu Hause angekommen, erzählte sie begeistert von der Vielfalt der Bücher, der Lehrer und der neuen Eindrücke. Sorgfältig hatte sie die Namen der Professoren und Gegenstände in ihr Heft eingetragen. Glasenforschtand: Dr. Kriegel stand da zu lesen. Oh Gott, wenn das nur gut ging! Da musste ein Wunder geschehen. Und das Wunder geschah! Plötzlich war die schwache Rechtschreibung völlig aus dem Mittelpunkt gerückt, Tinas Grundschullehrerin konnte und wollte nie glauben, dass sie ein kluges Kind war bei den vielen Rechtschreibfehlern, die sie machte und war immer geneigt, ihr auch in allen anderen Gegenständen schlechtere Zensuren zu geben.

Nun war es der Geographielehrerin ganz egal, dass da in Tinas Heft: ,,Die Bekränzung des Burgenlandes“ stand, da doch Tina genau wusste, dass dieses im Norden von der Donau, im Osten von der ungarischen Tiefebene, im Westen vom Wiener Becken und im Süden vom Leithagebirge begrenzt wurde.

Wenn sie auch in Geschichte die Namen der griechischen Götter auf das köstlichste verballhornte, sie kannte sich genau in deren verzwickten Verwandschaftsverhältnissen aus, was bei dem Lotterleben dieser Herrschaften gar nicht leicht war. Wenn sie auch schrieb ,,Alexander der grose und sein Herr“ so wußte sie doch um die Beziehung zwischen der Schlacht von Salamis und dem Kampf um die Thermophylen. Auch wenn letztere in ihrem Heft eher nach einer ausgefallenen Hautkrankheit aussahen als nach einem Gebirgszug in Griechenland.

In Mathematik und Physik war sie von Anfang an ein Star, was zu erwarten war. Zeichnen liebte sie, als begeisterter Opernfan kam sie in Musik groß heraus. Tina war geradezu in einer Euphorie.

Selbst in Deutsch ging es recht gut. Dr. Kriegel, die auch Yoli unterrichtete, hatte viel Verständnis für Tinas Probleme. Keineswegs rechnete sie ihr jeden Flüchtigkeitsfehler schwer an, wenn da nicht statt nicht stand, abr statt aber, so besserte sie es wohl rot aus, aber es wurde nicht weiter beachtet.

So reichte es immer zu befriedigenden Noten, was Tina ganz besonders glücklich machte. Die erste Englischansage holte uns wieder auf die Erde zurück. Es wimmelte nur so von Fehlern. Manche Wörter waren fast nicht zu verstehen- Sengju stand da und sollte Thank you heißen. Es war klar – auch hier kamen die Rechtschreibprobleme und die Speicherschwäche voll zum Tragen. Englisch ohne Nachhilfe, das würde nicht gehen. Yoli, jetzt bereits im letzten Jahr des Gymnasiums, verdiente sich seit langem schon ihre Sommerreisen durch Nachhilfestunden in Englisch und Latein. Sie war bei ihren Schülern sehr beliebt und hatte große Erfolge. Sofort trat ich nun in Verhandlungen ein, die von beiden Seiten mit viel Entgegenkommen geführt wurden und von Stund an steckten meine beiden Töchter zweimal in der Woche eineinhalb Stunden ihre Köpfe zusammen und arbeiteten.

Zuerst achtete Yoli darauf, dass Tina eine gute und genaue Aussprache hatte, schon damit konnten viele Fehler vermieden werden. Da es im Englischen kaum Rechtschreibregeln gibt, ließ sie Tina ganze Lektionen auswendig lernen und aus dem Gedächtnis niederschreiben. Dies erleichterte auch das Vokabellernen. Da man einem Legastheniker die Rechtschreibfehler nie ganz austreiben kann, ein Wort wie nevertheless zum Beispiel bietet eine unerschöpfliche Anzahl von Fehlerquellen, drillte sie Tina besonders in Grammatik, damit sie hier ein Ass würde.

Sätze wie: If Uncle Tom had not had a new car, they would not have had a fine day (Wenn Onkel Tom kein neues Auto gehabt hätte, hätten sie keinen schönen Tag verbracht) bereiteten ihr nicht die geringsten Schwierigkeiten und verhalfen ihr trotz einiger spektakulärer Rechtschreibfehler bei den Klassenarbeiten zu guten Noten.

Als der Sommer kam und Tina erstmals ein hervorragendes Zeugnis nach Hause brachte, (sie verpasste nur um einen Punkt das ,,Vorzüglich“, was einem Notendurchschnitt von 1,5 entspricht) waren wir unendlich glücklich, wenigstens mit einem Kind keine Probleme und Sorgen mehr zu haben.

Ausgeflippt mit zehn Jahren

Solcherart stellte sich also heraus, dass die entscheidende Klippe der Übergang von der Grundschule (Volksschule) zu den höher bildenden Schulen ist. Danach steht die Rechtschreibung nicht mehr so im Zentrum allen Wohl und Wehes. Aber wie viele Legastheniker scheitern an dieser Hürde und werden dann oft weit unter ihren Fähigkeiten eingestuft, in B-Züge oder Sonderschulen verdammt, und stehen so bereits mit zehn Jahren am Ende ihrer Zukunftskarriere. Ich unterhielt mich mit einer jungen Hauptschullehrerin eines solchen B-Zuges, die zwischen wirklich unintelligenten Kindern und sozial geschädigten auch eine Reihe Legastheniker hatte, die sich bereits völlig fallengelassen hatten. Zum späteren Hilfsarbeiter verurteilt, denn welche Lehrherr würde derzeit eine Lehrstelle an ein solches Kind abgeben, wurden sie rasch Rädelsführer der Klasse bei allen dummen und bösen Streichen. Es gibt sogar Psychologen, die eine Verbindung zwischen Legasthenie und Kriminalität sehen wollen. Es ist traurig anzunehmen, dass die einzige Möglichkeit eines solchen Kindes später in eine leitende Position zu kommen, die seinen Fähigkeiten entspricht, die eines Gangsterbosses ist.

Dies alles hatte ich bei Adi vor Augen, dagegen kämpfte ich verbissen. Frl. Oppitz hatte von der ersten Klasse an fleißig mit Adi geübt. Wenn auch die Hexe Ene-Bene-Mene ihn nicht aus ihren Klauen ließ, so stellten sich auch bei ihm kleine Erfolge ein, vor allem bei Gedächtnisübungen. Hier musste ein am Vortag angegebener Text am nächsten Tag aus dem Gedächtnis niedergeschrieben werden und hier gelangen Adi immer wieder fehlerfreie Arbeiten.

Was man so fehlerfrei nennt! Adi war mit dem Setzen der Ü – Stricherln äußerst schusselig und jedes fehlende Paar wurde als Fehler gezählt. Da hatte er alle Hürden der Groß- und Kleinschreibung genommen, alle Verdoppelungen richtig gesetzt, keine Buchstaben, auch die „stummen h“ nicht vergessen und dann rissen die blöden Ü-Stricherln die Note herunter, Irgendwann packte mich dann die stille Wut. Was hatten die Ü-Stricherl mit dem Newtonschen Gesetz zu tun, was mit Friedrich Barbarossa und was mit Integralrechnung? Warum sollte mein Bub von all dem nichts erfahren dürfen, nicht lernen dürfen, wie sich die höheren Bandwürmer fortpflanzen, nur weil er zu wenig “ setzte? Ich hielt Adi dies sehr ernsthaft vor Augen, bat ihn inständig beim Durchlesen seiner Arbeiten ein besonderes Augenmerk darauf zu richten. Bald darauf fand ich in seinem Heft: Die Üntersüchüng des Büchclübs der Jügend. Zur Vorsicht hatte er alle U’s mit Stricherln versehen – Adi, mein dümmer Büb !!

Wenn er nach einem so wenig erfolgreichen Tag aus der Schule nach Hause heimkam, zog er sich meist in sein Zimmer zu Romeo und Julia, seinen beiden Wellensittichen, zurück, plauderte mit ihnen und bastelte. Aus Legosteinen baute er phantasievolle Flugkörper und Raketen, eine Seilbahn, die auf Rollen über ein Trag- und Zugseil lief und die er einbremsen konnte. Eines Tages aber überraschte er mich mit der ,,schnellsten Maschine der Welt“, einem abenteuerlichen Gebilde aus Fischer-Technik mit Zahnrädern in allen Größen, Übersetzungen, Schraubenspindeln, Bolzen, Walzen, Kurbeln und Hebeln. Drehte man auf der einen Seite ganz langsam an einer Kurbel, bewegte sich am anderen Ende der Maschinerie ein Flügelrad mit solcher Geschwindigkeit, dass nach kürzester Zeit die Propellerflügel von der Fliehkraft abgerissen, wie Geschosse durchs Zimmer sausten.

Einmal beim Saubermachen fiel mir die Maschine in zwei Teile. Ich war nicht imstande sie wieder zusammenzusetzen, so kompliziert war sie gebaut.

War Adi wirklich ein so dummer Bub?

Wir hatten ja noch ein Jahr Volksschule vor uns. Zeit genug um abzuwarten, wie er sich entwickeln würde. Aber nun kamen die Probleme wieder von einer Seite auf uns zu, mit der wir nicht mehr gerechnet hatten.

Ingemar Stenmark ist der Größte – Tinas Rückfall

Es begann eigentlich schon im letzten Sommer in den Ferien am Attersee. Tinas Figur bekam kleine Rundungen, die zumindest im Bikini nicht mehr zu übersehen waren. Obwohl sie noch voller Begeisterung mit den Nachbarmädchen Barbie-Puppen spielte, überraschte sie mich plötzlich mit dem Wunsch, eine Tanzparty zu geben. Sie sollte zum Abschied ihrer Freundin Nana, die aus Bonn zu Besuch bei uns war, stattfinden. Meine Zustimmung kaum abwartend, begannen die beiden voller Eifer das Kinderzimmer unserer Ferienwohnung zu dekorieren. Die Lampen wurden mit rotem Krepp-Papier verhängt, denn, so meinte Nana, bei rotem Licht sei man viel enthemmter. Ich will hoffen, sie stellte sich darunter etwas ganz anderes als ich vor. Vor die Tür kam ein Fransenvorhang, der bei einer Nachbarin vor der Speisekammer gehangen hatte, um die Fliegen abzuhalten. Alle Ecken des Zimmers wurden mit Bergen von Polstern ausgelegt – kurzum es sah bald aus wie in einem französischen Provinzbordell. Natürlich weiß ich ja auch nur aus Filmen wie es dort aussieht. An Tonbändern wurde zusammengetragen, was möglichst Rock-ig, Pop-ig, Beatl-ig und sonst lautstark war.

Vom frühen Nachmittag an stand ich in der Küche und bereitete Berge von Sandwiches vor, während in der Badewanne leise plätschernd große Mengen von Coca Cola vor sich hinkühlten.

Dann war es soweit: aus näherer und auch fernerer Nachbarschaft strömten die Teens herbei, festlich angetan mit ihren schönsten Jeans, worunter sie zumeist die mit den meisten Flicken verstanden. Die Buben mit verwegen geknoteten Tüchern um den Hals.

Leider ließ sich die Party nicht ganz wie geplant an, denn zum Unterschied von den Mädchen waren die 12-14 jährigen jungen Herren wesentlich mehr an Speis und Trank als an Tanz und Damen interessiert. Einige zogen sich unter Hintanlassung von riesigen Kahlstellen auf den Sandwichplatten auch relativ bald wieder zurück. Da aber die Mädchen fanden, sie könnten auch alleine tanzen und einige Partylöwen als Aufputz übrig geblieben waren, kam das Fest doch noch in Schwung.

Irgendwie musste ich das Geschehen unter Kontrolle halten und da mir aus meiner Jugend die Überwachung von Müttern auf Parties in grässlicher Erinnerung war, versuchte ich mein sporadisches Auftauchen durch das Servieren von Schokolade und anderen Naschereien zu versüßen. Auf diese Weise brauchte ich fast den ganzen Vorrat auf, der bis zum Ende des Sommers reichen sollte. Um 1/2 10 Uhr schickte ich alle anderen Kinder nach Hause und meine ins Bett. Mit dem Aufseufzer, dass dieser Abend ,,Spitze“ gewesen sei, schliefen sie müdegetobt sofort ein.

Im September nach Wien zurückgekehrt, merkte ich erst an den viel zu kurz gewordenen Röcken, dass Tina auch gewaltig gewachsen war. Sie stand oft vor dem Spiegel und betrachtete sich, bürstete stundenlang ihre Haare, war abwechselnd mal grundlos traurig, mal kicherte und lachte sie und wusste nicht warum, es war nicht mehr zu übersehen: Tina war in die Pubertät gekommen.

Sie fand auch, dass ihr Vater nicht mehr der schönste Mann der Welt sei, was ich geradezu empörend fand, sondern wandte sich unerklärlicherweise dem Tormann der österreichischen Nationalmannschaft Friedl Koncilia zu. Jeden Zeitungsausschnitt über ihn hängte sie an die Pin-Wand über ihrem Bett. Wir verfassten einen Brief, in dem wir ihn um ein möglichst großes Poster von sich mit Autogramm baten. Prompt bekamen wir auch Antwort in Form eines postkartengroßen Fotos, das ihn markig, verführerisch lächelnd zeigte und auch seine eigenhändige Unterschrift trug.

Jeden Abend vor dem Einschlafen legte Tina nun Herrn Koncilia neben sich aufs Kopfpolster. Zu ihrer moralischen Ehrenrettung muss gesagt werden, dass sie dazu nicht das markig-verführerische Foto verwendete, sondern einen Zeitungsausschnitt, wo er milde lächelnd – bring your family – neben seiner Frau sitzend, seine beiden Kinder auf den Knien hält.

Als aber der Winter ins Land zog und die Berichte über Fußball immer spärlicher kamen, wurde Tina untreu und wandte sich dem Ski-Ass Ingemar Stenmark zu, der von nun an in allen verwegenen Verrenkungen des Rechts- und Linksschwunges über ihre Pin-Wand raste. Auf unsere patriotischen Vorhaltungen, sich doch ein österreichisches Idol auszusuchen, entgegnete sie, den Klammer würden schon alle in ihrer Klasse verehren – die anderen gefielen ihr nicht so gut – und den Ingemar hätte sie wenigstens hier zu Lande für sich ganz alleine.

Sie begann das BRAVO zu lesen, jene Zeitschrift, die alle Eltern in Angst und Schrecken versetzt, die doch offensichtlich all das bespricht, was junge Leute in diesem Alter brennend interessiert und wofür alle Eltern ihre Kinder noch zu jung halten. Lange Zeit lag der lebensgroße Unterleib von Elvis Presley in ihrem Zimmer herum. Man konnte dieses prächtige Riesenposter aus 20 BRAVO-Folgen zusammensetzen. Da Tina aber auf halber Strecke die Lust dazu verließ, blieb der Herr für immer ohne Oberkörper. Fast ohne Unterbrechung tönte Beatmusik auf Lautstärke 10 aus ihrem Zimmer, die sie selbst beim Schulaufgaben machen nicht abdrehte.

Ihr Verhältnis der Schule gegenüber war neutral. Sie lernte nicht mit großer Begeisterung, aber sie tat’s. Sie machte die Aufgaben, die verlangt wurden, aber nicht viel mehr. Die Noten, die sie nach Hause brachte, waren aber gut und wir waren zufrieden. Dann kam die erste Deutschschularbeit und mit ihr das erste Nichtgenügend. Da waren Rechtschreibfehler, Fallfehler und Dass-Fehler, es waren Sätze nicht zu Ende geschrieben – es war wirklich eine schlechte Arbeit – und ein Schock für uns alle. Nur Ruhe bewahren! Nicht gleich in Panik verfallen! Was war schon eine einzige Arbeit?! Die nächste Ansage war aber auch negativ und ebenso die darauf folgende Schularbeit. Tina wurde immer stiller; wenn sie aus der Schule kam, warf sie ihre Schultasche in eine Ecke und zog sich sofort in ihr Zimmer zurück.

Nachts wollte sie nur mehr bei Licht in ihrem Zimmer schlafen, weil sie Angstträume hatte und tagelang vor der nächsten Arbeit hörte ich sie nachts durchs Haus wandern oder sie lange klagende Gespräche mit Gulla, ihrem Goldhamster, führen. Morgens war sie dann schrecklich unausgeschlafen, mürrisch und wollte nicht in die Schule gehen.

Da es so nicht weitergehen konnte, machte ich mich auf, mit Dr. Kriegel ihrer Deutschprofessorin, zu sprechen. Sie war der Ansicht, dass Tina unter einem seelischen Druck stehen müsste, unter einem Leistungszwang, dem sie nicht standhalten könne – wie wäre auch sonst der plötzliche Rückfall zu erklären? Sie riet uns, einen psychologischen Test machen zu lassen und auch ihr die Ergebnisse mitzuteilen.

Wir vereinbarten einen Termin mit Dr. Kriechbaum, einer erfahrenen Kinderpsychologin. Tina machte gerne mit – denn ebenso wie beim Fotografen ihr Gesicht – machte es ihr Spaß einmal ihre Seele darzustellen. Zwei Stunden lang zeichnete und plauderte sie, erzählte zu Bildern und machte Leistungsproben.

Wenige Tage später, als sie mit der Ausarbeitung fertig war, rief Dr. Kriechbaum uns Eltern zu sich und erzählte uns über Tinas Probleme. Dass sie voller unverarbeiteter Ängste sei, durch ihr Versagen unsere Liebe zu verlieren, sie voll Aggressionen stecke, weil wir Leistungen von ihr erwarteten, die sie nicht erbringen konnte, Aggressionen, die sie nicht wagte zu zeigen, weil sie ein gutes Kind sein wollte. Dass bei legasthenischen Kindern der Zweifel an der eigenen Persönlichkeit, den in der Pubertät alle jungen Leute haben, oftmals mit einem Rückfall in die Rechtschreibschwäche verbunden sei, denn dies sei ja gerade der Punkt, wo sie sich am unsichersten fühlten. Sie sprach von den Qualen eines so intelligenten Kindes, sich immer da als Versager zu sehen, wo es die größten Anstrengungen mache. Sie tröstete uns damit, dass fast immer bei entsprechender Behandlung mit Abschluss der Pubertät die Legasthenie weitgehend verschwände.

Die Psychologin riet uns, besonders liebevoll auf Tina einzugehen, ihr dabei zu helfen eine eigenständige Persönlichkeit zu werden, sie nicht unter Leistungsdruck zu setzen, ihr zu Erfolgserlebnissen zu verhelfen, wieder eine gute Nachhilfe für Tina zu nehmen und Trotzanfällen gelassen zu begegnen.

Anschließend sprach sie noch einmal eine Stunde lang mit Tina über ihre Probleme und da alle Psychologen eher auf der Seite der Kinder kämpfen, gab sie ihr vielleicht den Rat, nicht alles hinunterzuschlucken und mit ihren Eltern nicht so schonungsvoll umzugehen. Waldtraud Kriechbaum bestreitet dies auf heftigste. Sie sieht sich nur in der Vermittlerrolle zwischen den beiden Fronten, wobei sie auch dieses Wort nicht gerne hört. Sicher ist, dass in den meisten Fällen die selbstgerechten Eltern weniger des Beistandes bedürfen als ihre verunsicherten Kinder. Tina jedenfalls ließ sich kein Sterbenswörtchen über diese Unterredung entlocken, außer dass es „sehr nett“ gewesen sei.

Ulrich und ich schliefen schlecht in dieser Nacht. Immer wieder besprachen wir bestürzt die Tatsache, dass eines unserer Kinder so in seelische Not geraten war, ohne dass wir es bemerkt hatten. Es war ein harter Schlag für uns, die wir so stolz darauf waren, besonders aufgeschlossene und verständnisvolle Eltern zu sein. Also versprachen wir uns zu bessern und konzentrierten uns ganz auf Tina und ihre Sorgen.

Dann, ein paar Tage später, passierte es zum ersten Mal. Als ihr Vater abends in Tinas Zimmer ging und sie bat, mit dem Lesen aufzuhören, packte sie ihr Buch und warf es ihm unter lauten Beschimpfungen über die Unfreiheit in diesem Hause quer durchs ganze Zimmer nach. Und so ging es weiter. Weil sie ihr Rührei nicht fest genug gebraten fand, schleuderte sie mir den Teller über den Tisch vor die Nase und verließ das Zimmer mit der Bemerkung, dass man hier nicht einmal etwas Ordentliches zu essen bekäme und sie lieber hungern würde. Als ich wenig später, nun schon etwas verschüchtert, bemerkte, während sie am Klavier saß, dass hier ein fis statt einem f gehöre und dieser Ansicht seinerzeit auch Mozart gewesen sei, drosch sie den Klavierdeckel mitsamt dem Notenbuch zu, so dass Mozarts zarte Wiener Sonatinen“ mit einer schrillen Dissonanz in die Tasten fielen.

Aus dem Nebenzimmer hörte ich eine Diskussion mit ihrer Großmutter, die auf ihrem Schreibtisch herumgekramt hatte. Dabei fielen Worte, die verdächtig nach ,,dumme alte Kuh“ klangen. Jedenfalls verließ meine Mutter fluchtartig das Haus und war tagelang bitterböse auf mich, da ich so sichtlich außerstande war, meinen Kindern gute Sitten beizubringen.

Alles in allem, Tina benahm sich wie ein kleiner Teufel. Immer endeten aber ihre Wutausbrüche mit einem verzweifelten Tränenausbruch und es dauerte immer eine geraume Weile und brauchte viel liebevollen Zuspruch, bis man sie getröstet hatte.

Eines Tages, als sie wieder aus einem nichtigen Grund zu toben begonnen hatte und unter Türgeknalle das Zimmer verlassen hatte, kam sie nach einer Viertelstunde freundlich lächelnd zurück, vor sich ein großes Tablett mit Teekanne, drei Teetassen und kleinen Brötchen, bestrichen mit Papis Lieblingsmarmelade. Sie setzte sich zu uns und meinte, es sei tea-time und sie hätte heute den Tee für uns alle zubereitet.

Von nun ging’s bergauf!

Da blieb kein Auge tränenleer

Die Trotzanfälle wurden immer seltener. Tina begann wie besessen zu arbeiten. Zweimal in der Woche ging sie zur Nachhilfestunde. Dort schrieb sie jedes Mal einen Aufsatz, ein Diktat, machte Wortübungen. Jeden Fehler verbesserte sie gewissenhaft dreimal. Es gibt ganz vortreffliche Übungsheftchen für legasthenische Gymnasiasten. Über diese saß sie nun jeden Tag gebeugt und sortierte in langen Kolonnen die G von den K -die Angel – der Anker, der Stengel – der Schenkel, die F’s von demn V’s -die Ferien – das Verlies, am Anfang, in der Mitte und am Ende der Wörter. Sie übte seitenweise das Einsetzen von Groß- und Kleinbuchstaben, die Umlaute in der Mehrzahl Bank-Bänke, Zaun-Zäune, die Dehnungen mit ie und mit stummem h, die Schärfungen mit ck und tz. Es gab Übungen für die Problematik das-dass und für den-dem. Tina ging ganz systematisch vor und ihre Fehler wurden immer weniger. In den Winterferien saß sie, während wir anderen am Abend Karten spielten, lasen oder Puzzles lösten, über ihrem Heft und arbeitete.

Yoli strich spontan alle Englischstunden, da es ja dort keine Probleme gab und ersetzte sie ebenfalls durch Deutschübungen. Sie machte vor allem Ausdrucksübungen mit Tina, so wurde auch ihr Stil immer besser und klarer. Wir sahen nun der nächsten Deutscharbeit gelassen ins Auge. Tina fühlte sich sicher und war nicht mehr nervös. Jetzt musste es klappen!

Die letzte Nacht vor der Schularbeit schlief sie ruhig und fest. Am Morgen war sie gut gelaunt und fühlte nur ein ganz leichtes Flattern der Aufregung in der Magengegend. Sie wählte das Thema ,,Ein Streit in der Schultasche“. Als sie aus der Schule kam, erzählte sie uns, dass sie den Herrn Geschichtsbuch und seine Frau das Geschichtsheft mit Herrn Füllfeder und Frau Bleistift hatte in Streit geraten lassen, besonders die beiden Frauen hätten arg gezankt, der Linienspiegel, auch Faulenzer genant, hätte sich über die Ruhestörung beklagt und die ganz Geschichte wüsste sie, weil sie das Federpennal am Morgen erzählt hätte. Das schien wirklich nett und lustig beschrieben und wir warteten aufgeregt auf die Rückgabe der Hefte. Endlich war es so weit. Ich stand am Fenster und wartete gespannt auf Tina. Sie kam, das kleine blasse Gesicht zu Boden gewandt mit hängenden Schultern und schleppenden Schritten den Weg zur Haustür herauf. Wortlos reichte sie mir ihr Heft.

Der Aufsatz war reizend und stilistisch einwandfrei; es waren keine Fehler in der Zeitenfolge, der direkten und indirekten Rede, auch die Kommas saßen dort, wo sie hingehörten. Trotzdem sah das Heft aus wie ein blutiges Schlachtfeld. es waren alle IHRE Fehler wieder da, die wir schon seit den ersten Schuljahren und auch mit Erfolg bekämpft hatten. Da stand vür statt für, fiel gellt statt viel Geld, was groß gehörte war kleingeschrieben und umgekehrt, da erzelte der Bleistift in der demerung und erklerte. Wie grässlich hatte sich die Hexe Ene-Bene-Mene, die wir längst bezwungen glaubten, an uns gerächt. Nicht einmal eine Heilige hätte diese Schularbeit positiv beurteilen können.

Wohl weiß ich, dass es vorkommen kann, dass Legastheniker unter Stress einen totalen Blackout haben, aber als ich nun all das vor mir sah, all die vergebliche Arbeit und Mühe, das unentrinnbare Schicksal der verpatzten Nachprüfung, das sinnlose Wiederholen der Klasse – vergaß ich zum ersten Mal meine guten Vorsätze, die Ratschläge von Pädagogen und Psychologen, den Kindern Enttäuschung und Schmerz nicht zu zeigen – ich legte meinen Kopf auf das Heft und weinte und weinte.

Meine Familie stand hilflos herum und versuchte vergeblich mich zu trösten.

Der Krisenstab des Familienrates trat sofort zusammen und man beschloss, dass unter diesen Umständen es wohl besser sei, Yoli würde statt mir zu Tinas Professorin gehen, um mit ihr zu sprechen. Das tat sie nun auch. Die beiden sprachen lange miteinander. Dr. Kriegel zeigte sich verständnisvoll, sie habe ja auch das psychologische Gutachten über Tina und wüsste um ihre Nöte. Sie versprach ganz besonders auf Tinas Mitarbeit zu achten. Es war nur eine schwache Hoffnung, aber wir klammerten uns daran.

Jede Hausaufgabe wurde mit besonderer Sorgfalt gemacht. Ich gesteh’s manch eine Zeile wurde von mir geschrieben, um alles wirklich perfekt abzuliefern. Tina arbeitete fleißig in der Schule mit und zeigte immer auf wenn sie hoffen konnte, eine richtige Antwort zu wissen. dann gab’s die ,,Bürgschaft“ von Schiller auswendig zu lernen, eines jener drei Gedichte, das neben der ,,Glocke“ und dem ,,Ring des Polykrates“ jedem Gymnasiasten in schrecklicher Erinnerung bleibt. Aber Yoli erkannte sofort die Chance: „Dieses Gedicht wirst Du so lernen, dass alle nur staunen werden!“. Tina stürzte sich in die Arbeit. Zuerst lernte sie Strophe um Strophe auswendig bis sie alle herunterleiern konnte. Wir, selbst ihr kleiner Bruder schon mit ihr. Yoli erklärte ihr den geschichtlichen Hintergrund. Dann strich Tina alle poetischen Wörter heraus und wir besprachen den Sinn. Anschließend wurde der Rhythmus und der Klang der Verse zerlegt. Nun war Tina nicht mehr zu halten, wo sie ging und stand memorierte sie gerade eine Strophe und bastelte an ihr herum. Aus der Badewanne hörte ich sie probieren: ,, und die TREUE sie ist doch kein leerer Wahn – und die Treue sie ist DOCH kein. und die Treue sie ist doch KEIN leerer Wahn – und die Treue sie ist doch kein LEERER WAHN!,, Am schlimmsten war es bei Familienausflügen im Auto. Da hatte sie alle beisammen, keiner konnte entfliehen. Es wurden wahre Volksabstimmungen abgehalten, wie diese oder jene Zeile anzulegen sei. Aber als der Tag herannahte, an dem das Gedicht aufgesagt werden sollte, da konnte es Tina burgtheaterreif!

Sie wurde aufgerufen und begann:

Schon in der ersten Zeile betonte sie das Wort ,,Tyrann“ mit solcher Verachtung, dass alle Mädchen den Meuchelmörder als trotzigen Helden sahen. Sie folgten, als er sich stumm von seinem Freund und Bürgen verabschiedete und erlebten mit ihm seine Abenteuer. Sie hörten das Toben der gewaltigen Wasser, sie zuckten zusammen als die Brücke berstend brach, und zitterten mit Damon als er das brausende Wasser durchschwamm. Wie muss einem Mann zumute sein, der sein Leben wütend gegen die Mörder verteidigt, weil er es einem anderen Mörder versprochen hatte? Nun kam meine Lieblingsstrophe, als der Verschmachtende die rettende Quelle entdeckt. Müde und schleppend kamen die Worte aus Tinas Mund, als sie von dem erschöpften Wanderer sprach und ganz leicht, quicklebendig rieselnd, als sie das Bächlein beschrieb, das ihn rettete. Aber weiter, weiter, er hört zwei Wanderer von der Hinrichtung sprechen. Er beginnt aus Angst zu hasten, zu laufen. Die Mädchen erzittern – sie, die alle das Gedicht auswendig können, bangen – wenn er nun aber doch zu spät käme, den Freund zu retten? Sein Diener stellt sich ihm in den Weg, will ihn aufhalten, es sei zu spät – er eilt weiter – die Worte werden schneller, dringlicher – die Kameradinnen spürten es, hier kämpfte nicht nur ein Mann um das Leben, hier kämpfte eine von ihnen um das Überleben in ihrer Klasse -. Er sieht die Türme der Stadt und läuft weiter, weiter und endlich, endlich erreicht er die Richtstätte und umarmt den Freund im letzten Augenblick.

,,Da blieb kein Auge tränenleer“ – man hörte in der Klasse verstohlenes Schnupfen, manch ein Taschentuch wurde gezückt – dann war Tina am glücklichen Ende. Alle, alle waren einig, auch die Lehrerin schloss sich an, so hatte keine von ihnen das Gedicht aufgesagt und so würde es auch keine mehr können. Ich sah sie vom Gartentor kommen mit wehenden Haaren, sie flog mehr als sie lief, dann stürmte sie in meine Arme und lachte und jubelte ,,Mami, Mami ich bin in Deutsch durchgekommen, ich bekomme kein „Nichtgenügend“, Mami, ach Mami!“

Was waren dagegen das strahlende „Sehr gut“ in Mathematik, die guten Noten in den anderen Gegenständen? Was tat’s, dass man hier mehr Gnade als Recht walten ließ? Wen störte es schon, dass sie in die heiligen Hallen der Weisheit durch die Hintertür geschlüpft war? Uns bestimmt nicht.

Ich bin ein armer lahmer Hase

Tina hatte also wieder eine Runde geschafft. Aber wie würde Adis Zeugnis aussehen? Tageland vor der Verteilung hatte er schon Bauchweh vor Angst. Als er mir dann entgegenkam mit einem großen Zuckerschlecker als Trost im Mund, ahnte ich gar Schlimmes. Tatsächlich, er hatte ganz schlechte Noten in Deutsch und in Schreiben, untermittelmäßige in Rechnen, aber auch in allen anderen Gegenständen. Sollte er auch in den Hauptgegenständen wirklich schlecht sein, warum wurde er auch in allen Nebengegenständen als so schwach befunden? Warum in Heimatkunde, die ihn brennend interessierte, konnte er doch alle 22 Bezirke Wiens auswendig? Wohl weil er über die Rechtschreibung von Leopoldstadt und Floridsdorf gestolpert war. Warum in Musik? Adi sang die Kolloraturane der Königin der Nacht aus der Zauberflöte lupenrein, da sollte er an „Alles neu macht der Mai“ gescheitert sein? Nur in Turnen hatte er ein „Sehr gut“ vorzuweisen. War mein Sohn wirklich nichts anderes als ein kleines behändes Äffchen?

Jetzt wollte ich es endlich genau wissen. Man sollte ihn nicht überfordern und wir würden einen Lebensweg für ihn finden müssen, der seinen Fähigkeiten angepasst war. Wieder riefen wir Dr. Kriechbaum zu Hilfe, die uns so gut aus Tinas Schwierigkeiten geführt hatte. Wir erzählten ihr, dass weniger Adis seelische Probleme es wären, die uns beschäftigten, er war ein anschmiegsamer fröhlicher kleiner Geselle, sondern dass es in diesem Falle darum ginge die Grenzen seiner Möglichkeiten festzustellen.

Adi war drei Stunden bei ihr, füllte Fragebogen aus, zeichnete und malte, legte Puzzles zusammen, erzählte Bildgeschichten, las, schrieb und spielte mit einem Bauernhof und kleinen Männchen. Als Dr. Kriechbaum uns drei Tage später zu sich bat, fühlte ich mich wie vor einer Urteilsverkündigung. Würde unser Sohn als gewogen und zu leicht befunden worden sein? Wenn auch die Unfehlbarkeit solcher Tests zu Recht angezweifelt wird, bald würden wir mehr über Adi wissen, so schmerzhaft dies auch für uns sein mochte.

Und dann warf uns das Ergebnis fast vom Stuhl. Sprachlos folgten wir Dr. Kriechbaums Ausführungen. Adi hatte hohe und höchste, weit über dem Durchschnitt liegende Werte im logischen Intelligenzbereich – kurz er war ein gescheiter kleiner Junge. Eine Wahrnehmungsunreife, vor allem im akustischen Bereich, er konnte einfach den Unterschied zwischen b und p, d und t nicht hören, war festzustellen. Er hatte eine fahrig visuell-motorische Koordination, daher auch die schreckliche Schrift. Dies und seine Linkshändigkeit stellen den Hintergrund seiner Legasthenie dar. Dr. Kriechmann war sicher, dass bei guter Nachhilfe ein Abflauen dieser Schwierigkeiten erfolgen würde. Insgesamt habe er aber unbedingt Gymnasiumsbegabung. Aber wie sah es um die Seele unseres so fröhlich scheinenden kleinen Wichtes aus? Er hatte bereits eine handfeste Neurose durch seine partiellen Leistungsschwierigkeiten, er traute sich auf keinem Gebiet mehr etwas zu. Er zog sich in seine kindliche Welt der Phantasie zurück und suchte Schutz bei seinen Eltern. Er glaubte nicht mehr an sich und hielt sich für dumm.

Wer hatte denn an ihn geglaubt? Hatten wir, seine Eltern, die ihn liebten, seine Lehrerin, die ihm wohl wollte, ihn nicht auch für dumm gehalten? Anstatt ihn zu unterstützen, hatten wir ihn noch immer mehr hineingetrieben in seine Hilflosigkeit. Als er sich als Tier darstellen musste, schrieb er: ,,Ich bin ein armer lahmer Hase, alle anderen spielen und toben herum, ich ich kann nicht mittun.“ Unser wilder Adi, der höher kletterte als alle anderen, tiefer tauchte, schneller radelte und immer der tollkühnste sein musste, sah sich als armer lahmer Hase. Oder wollte er mit dieser Verwegenheit nur kompensieren, dass er sich geistig so behindert fühlte?

Geheimnisvolle Welt der Seele

Frau Dr. Kriechbaum unterhielt sich auch mit Adi über das Ergebnis des Testes. Sie erklärte ihm, dass er ein gescheites Kind sei, dass er durchaus mit sich zufrieden sein könne, dass er eben diese Behinderung der Legasthenie habe, wir ihn aber alle dabei helfen würden, damit fertig zu werden. Adi ging fast zehn Zentimeter größer aus dieser Besprechung.

Frl. Oppitz wurde beigezogen, es wurde ein Arbeitsplan ausgearbeitet. Seine Konzentrationsschwäche beim Schreiben, die Dr. Kriechbaum als bereits neurotisch bezeichnete, musste mit Geduld bekämpft werden. Dafür gab’s kein Pardon mehr beim Rechnen und den anderen Gegenständen. Das Einmaleins musste gelernt werden, die Jahreszahlen und Feldherren der Türkenbelagerungen Wiens musste er können. Und er konnte! In einem unglaublichen Aufwind des Glaubens an seine Fähigkeiten arbeitete und lernte er.

Hoffnung auf ein gutes Ende

Zeit ist vergangen. Tina ist es inzwischen gelungen eine Deutscharbeit mit nur 3 (in Worten drei) Rechtschreibfehlern zu schreiben. Es kommt natürlich vor, dass es manchmal wieder etwas mehr sind, doch glauben wir fest, dass sie nun ein Alter erreicht hat, wo dieses Problem immer geringer wird. Obwohl ich eine junge Ärztin kenne, die ihre Krankenberichte immer einem wohlmeinenden Kollegen zeigt, da sie immer noch, besonders, wenn sie müde nach dem Nachtdienst ist, IHRE Fehler macht. Adi hat heuer mit dem ,,Fliegenden Hosenknopf“, der ein neues Segel bekommen hatte, den 2. Platz bei der Optimisten-Regatta geschafft und ist stolzer Besitzer eines siebeneinhalb Zentimeter (ohne Sockel) hohen Pokals. Trotz Test und Bemühungen wird Adi die Qualifikation fürs Gymnasium nicht erreichen. Wir haben für ihn eine private Hauptschule gefunden, die im Anschluss an die ersten vier Jahre ein ,,Aufbaugymnasium“ führt und so die Kinder zu einer vollwertigen und anerkannten Reifeprüfung bringt. Ganz wundersame Dinge hatte ich über diese Schule gehört, besonders über ihre Erfolge mit Legasthenikern. Als ich einen Termin mit dem Direktor vereinbarte, empfing mich ein großer sportlicher junger Mann. Lachend erklärte er mir, dass er die Probleme nur zu gut kenne, sei er doch selbst schwerer Legastheniker gewesen und hätte erst mit der Systematik des Lehrerseminars seine Fehler abgelegt. Für und vor machten ihm jetzt wirklich keine Schwierigkeiten mehr, allerdings bei der Vordere (von vorne oder fordern?) müsse er auch heute noch nachdenken.

Mir ging das Herz auf – hier würde niemand Adi zum Dummkopf abstempeln, ihn für einen geistigen Krüppel halten.

Und die geheimnisvollen Wundermethoden? Die gäbe es nicht! Es würde den legasthenischen Fehlern einfach keine solche Bedeutung beigemessen, es würde aber entschieden eine Flucht in die Ausrede der Legasthenie verhindert, Fallfehler und dass-das Fehler würden nicht durchgelassen und müssten geübt werden, wie von allen anderen Schülern auch. Sie hätten ein ,,Neigungsprogramm“, wie er es nannte, die Buben könnten wählen zwischen Turnen, Judo und Schwimmen, zwischen verschiedenen Musikinstrumenten, Basteln und Werken. So gäbe es für jeden Schüler etwas, in dem er der Beste, der Begabteste war und wo er sein Selbstvertrauen aufbauen konnte. So scheint es mir, haben gute Pädagogen heute wie früher, lange bevor die Legasthenie als solche erkannt wurde, das Richtige getan, indem sie die Begabungen der Schüler förderten und ihnen halfen, ihre Fehler zu überwinden.

Ich bin am Ende meines Buches angelangt. Es liegt noch ein langer Weg vor uns, gar manches wird noch zu berichten sein. Vielleicht schreibt mein begabter Sohn, der Erfinder der schnellsten Maschine der Welt, dereinst eine Fortsetzung: so wurde ich NOPELBREISTREGER!


Nachwort

Nahezu zwanzig Jahre sind vergangen (Wie schnell die Zeit vergeht!). Ursprünglich hatte mein Buch einen Beitrag von Dr. Waltraud Kriechbaum über die ,,Seelische Problematik und ihre Behandlung bei Legasthenikern“ und von Dr. Brigitte Oppitz-Kolin (Sie kennen ja die beiden gut aus meinem Buch) einen ,,Pädagogischen Teil zu Der Knopf im Kopf“. Das was damals noch eine Pionierleistung war, ist heute bereits Allgemeingut, ist von der Entwicklung ein und überholt worden, es gibt genügend Literatur darüber. Wir wissen heute, dass Legastheniker nicht dumm sind, sondern dass ihr Gehirn anders ist, meist genial (Als ich diese Meinung damals vertrat, wurde ich nur ausgelacht). Es ist uns heute bekannt, dass die größten Genies Legastheniker waren: wir wissen es von Mozart, von Leonardo da Vinci (man muss die Ausstellung von seinen technischen Erfindungen gesehen haben), von Friedrich dem Großen, von Einstein und vielen anderen. Wir wissen, dass die Computertechnik nicht möglich wäre ohne die Gehirne von Legasthenikern.

Trotzdem, der ,,Klumpfuß“ bleibt und da die Sprache und damit Schreiben und Lesen das wichtigste, wenn nicht das einzige Mittel ist, Kultur und Bildung zu vermitteln, müssen unsere Kinder ,,damit tanzen lernen“. Es ist wundervoll zu wissen, dass es jetzt Methoden gibt es ihnen zu erleichtern. Doch die seelische Belastung bleibt für die Kinder sowie auch für ihre Familie, darum glaube ich, dass mein Buch auch noch heute Hilfe für viele sein kann, die dieses Problem zu bewältigen haben. Wissenschaftler und Pädagogen aus aller Welt geben uns aber heute die begründete Hoffnung, dass wir dabei sind, Wege zu finden die ,,Knöpfe in den Köpfen“ unserer kleinen Genies zu lösen.

Und was ist aus meinen Kindern geworden? Tina hat, obwohl in ihrer Maturaarbeit 21 (!!)Rechtschreibfehler waren, sich mündlich so verbessern können, dass sie mit Auszeichnung maturiert hat. Sie studierte Mathematik, machte ALLE Prüfungen auf „Sehr gut“, schrieb ihre Doktorarbeit über (nun, ich habe nicht einmal den Titel verstanden) und ist jetzt Assistentin auf der Hochschule und arbeitet an ihrer Habilitation. Sie ist mit einem Physiker verheiratet und hat zwei Kinder, Tanja und Felix. Sie ist rundherum glücklich, ihre einzige Sorge ist, eines ihrer Kinder könnte Legastheniker sein, denn sie weiß, wie sehr man darunter leidet.

Adi hat die von mir beschriebene Hauptschule Albertus Magnus besucht und noch jetzt denkt er daran als seine glücklichste Zeit. Im weiterführenden Gymnasium stellte sich heraus, dass er nicht so kämpferisch wie Tina war, und obwohl er der Star der Klasse in Mathe war, gelang es ihm trotz Bemühungen nicht, seine Rechtschreibschwäche zu besiegen. Um ihn nicht wieder seelisch zu ruinieren (er dachte sogar manchmal an Selbstmord) nahmen wir ihn aus der Schule. Seiner künstlerischen und technischen Begabung folgend, absolvierte er die fünfjährige Strickklasse der Modeschule Hetzendorf. Anschließend bestand er die schwere Aufnahmsprüfung der ,,Hochschule für Industrial Design“ in Linz und belegte Kurse für Metalldesign. Seine Metallobjekte verschönern unser Haus und unseren Garten. Schon in seiner Studentenzeit jobbte er aushilfsweise in einer Bar, was ihm großes Vergnügen bereitete. Dies setzte er, nach Wien zurückgekehrt fort, wurde schnell in einem bekannten Lokal Geschäftsführer. Heute besitzt er ein kleines ,,In-Lokal“ für junge Leute in der Innenstadt und ist Mittelpunkt einer großen Freundesrunde, die seine Bar bevölkert.

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